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1898 – 1918

Die Gründung der Deutschen Schule Málaga im Jahre 1898

Die deutsche Kolonie in Málaga am Ende des 19. Jahrhunderts

(aus: Festschrift zur Erinnerung an die Gründung der Schule in Málaga im Jahre 1898, verfasst von Dr. Peter Bergmann, leicht bearbeitet)

Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts hatten die Malagueños mit zwei furchtbaren Epidemien zu kämpfen, dem Gelbfieber und der Cholera. An diesen Seuchen starben tausende Einwohner. Dennoch gab es in der demographischen Entwicklung der Stadt einen Anstieg. Während Málaga 1834 nur 60.757 Einwohner hatte, waren es 1866 bereits 109.9881. Hauptgrund für diese Vermehrung der Bevölkerung war der Beginn der Industrialisierung, wodurch Arbeitsplätze entstanden, die viele Familien aus den ländlichen Zonen nach Málaga lockten. Es bildeten sich in den Jahren 1860 bis 1870 etliche Arbeiterviertel „barrios obreros“ in unmittelbarer Nähe zu den Industrieanlagen. Hier lebten die Menschen jedoch unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Auch die neu gegründeten „sociedades de obreros“ konnten nicht verhindern, dass als Folge der miserablen Lebensbedingungen die Geburtenrate sank und die Sterblichkeitsstatistik steigende Zahlen aufwies. Als auch noch ein Erdbeben 1884 und eine erneute Choleraepidemie 1885 die Stadt heimsuchten, entschlossen sich etliche Bewohner, in andere Provinzen oder nach Übersee, vor allem nach Argentinien, Brasilien und Kuba, auszuwandern. So erklärt sich der Rückgang der Einwohnerzahl von 139.788 im Jahre 1887 auf 136.193 im Jahre 1900.

In dieser kritischen ökonomischen Situation besannen sich die Stadtväter darauf, dass man noch einen Trumpf ausspielen konnte, nämlich das mediterrane Klima, und zwar sowohl bei Ausländern als auch bei Spaniern, die in den inneren Regionen wohnten. So siedelten sich in diesen Jahren vor allem reiche englische Rentner in Málaga und Umgebung an, um im „dritten Lebensalter“ die Lebensqualität zu verbessern. Immer mehr Engländer und Deutsche gründeten aber auch Handelsgesellschaften „sociedades comerciales“ in Málaga, die sich vor allem auf den Export der örtlichen Produkte, wie Wein, Oliven, Orangen und Zitronen, konzentrierten. Obwohl diese Kaufleute auch Malagueños Arbeitsplätze verschafften und sich häufig mit Frauen aus Málaga verheirateten, kam allmählich eine starke Fremdenfeindlichkeit auf. Die Kritik kam in erster Linie aus dem Lager des einfachen Volkes, da man festgestellt hatte, dass ein spanischer Arbeiter oder Angestellter in einer von Deutschen geleiteten Firma einen geringeren Lohn erhielt als sein deutscher Kollege. Begründet wurde diese unterschiedliche Behandlung von Seiten der Direktion damit, dass den Spaniern die Kenntnis des Deutschen fehle. Dazu äußerte sich 1887 ein Kolumnist der Zeitschrift „La Unión Mercantil” in äußerst satirischer Weise:

„…Und dabei haben die Bewohner von Málaga einen Vorteil, und der ist, dass der Bürger von Málaga nach Deutschland fährt und Deutsch mit höchster Vollendung in weniger als drei Jahren erlernt; und der Deutsche hält sich sein ganzes Leben hindurch in Spanien auf und niemals beherrscht er unsere sehr schöne Sprache in Wort und Schrift.“

Neben der Angst vor einer Monopolisierung durch die Engländer, Holländer und Deutschen kamen Bedenken wegen der drohenden religiösen Überfremdung auf: Die neue „phönikische Einwanderung“3 brachte immer mehr Protestanten in eine eindeutig vom Katholizismus geprägte Region. Am Ende des 19. Jahrhunderts war die Intoleranz zwar nicht mehr so groß wie noch 70 Jahre zuvor, als die Leichname von Nichtkatholiken nur am Strand bestattet werden durften. Der englische Friedhof, der seit 1831 an den Abhängen des Gibralfaro auf einem Campo Santo durch die Intervention des englischen Konsuls P. Marks zugestanden worden war, galt durchaus als ein Symbol der Toleranz der spanischen katholischen Kirche gegenüber den protestantischen „extranjeros“.

Aber nichtsdestoweniger war die Religionsausbildung für die Angehörigen der anglikanischen und der lutheranischen Kirche nur unter erschwerten Bedingungen möglich. So ist es kein Zufall, dass in Málaga – ebenso wie zuvor in Barcelona und in Madrid – die evangelische Kirche besonderen Einfluss auf den Zusammenhalt in der deutschen Kolonie und bei der Gründung der Deutschen Schule nahm.

Pfarrer Fritz Fliedner, der seit dem Jahre 1870 beim Aufbau der deutschen evangelischen Gemeinde in Madrid und auch bei der Gründung der dortigen Schule „EI Porvenir“ entscheidend beteiligt war, fand bei seinem Besuch in Málaga im Jahre 1892 neben den deutschen Kaufmannsfamilien auch etliche Lungenkranke vor, die von ihren Verwandten aus Deutschland wegen des Heilklimas hierher geschickt worden waren. Die Sorge um das Seelenheil dieser Schwerkranken war einer der Gründe, warum Fliedner Pfarrer Arndt zur Gründung einer evangelischen Gemeinde nach Málaga schickte (Februar 1893). Pastor Fliedner verstand sich auch als Reiseprediger, der immer wieder auch in Südspanien und Marokko den dort lebenden Deutschen das Wort Gottes nahebrachte. So berichtet er im Band 76 seiner „Blätter aus Spanien“ von einer Reise nach Andalusien, bei der er zunächst in der ·Nähe von Córdoba einen Gottesdienst in einem Bergwerk abhielt, in dem vierzig Deutsche im Dienste einer Hamburger Firma arbeiteten.

Zu Beginn des Jahres 1895 machte er sich dann auf die Reise nach Málaga, um Pfarrer Arndt und seine Gemeinde zu besuchen:

„In prächtiger Mondnacht, jetzt nicht auf Schusters Rappen, sondern auf stolzem Schimmel, ging es zurück nach der Eisenbahnstation, und von dort nach Málaga, den lieben Freund, Pastor Arndt, zu besuchen. Gott Lob und Dank ist es jetzt endlich gelungen, eine kleine Gemeinde dort zu bilden. Die ganze Last der Unterhaltung des Pastors hat fast zwei Jahre allein auf meinen Schultern gelegen, die schon so vieles tragen müssen. Jetzt, hoffe ich, werden andere mit eintreten. Liebe Kaufleute, die ihr eure Söhne in die Fremde schickt, liegt euch so wenig daran, dass dieselben überall Gottes Wort und freundliche, seelsorgerische Fürsorge in der Fremde treffen? Und wem ein Sohn aus der Fremde, an Leib und Seele bewahrt, ins Vaterhaus zurückgekehrt ist, der greife tief in seinen Beutel und bezeuge Gott seinen Dank für diese große Barmherzigkeit, indem er helfe, neue Gemeinden im Auslande zu gründen. Das Kirchlein, in dem ich dort (sc. in Málaga) predigte, ist eins der schönsten in Spanien. Es liegt mitten auf dem wundervollen englischen Friedhofe, inmitten tropischer Vegetation, mit dem Blick auf das weite, stille, tiefblaue unendliche Meer, das Sinnbild der Ewigkeit. Unsere lieben englischen Brüder haben die Mitbenutzung ihrer Kirche der jungen deutschen Gemeinde gestattet, gegen eine kleine Vergütung, weil sie wissen, mit welch finanziellen Schwierigkeiten dieselbe kämpft. Da werden unsere Landsleute uns nicht im Stich lassen. Fröhlichen Mut gibt uns die deutsche Gemeinde in Barcelona, welche sich so entwickelt hat, dass sie auch dem großen Bedürfnis einer deutschen Schule gerecht werden konnte.“

An dem Bericht Fritz Fliedners ist dreierlei bemerkenswert:

Zum einen erkennt man, dass er das Gehalt von Pfarrer Arndt aus seiner Privatschatulle bezahlt hat. Deshalb schreibt er seinen dramatisch klingenden Aufruf an die deutschen Landsleute in der Heimat, um endlich aus der Finanzmisere herauszukommen. Fliedner darf als der eigentliche Begründer der deutschen evangelischen Gemeinde und damit auch der deutschen Kolonie in Málaga gelten.

Zum anderen ist aus seinen Zeilen abzulesen, dass die lutheranische Kirche in Spanien sehr viel an Unterstützung durch die anglikanische Kirche erfuhr.

Als drittes ist der Hinweis auf das Vorbild der deutschen Gemeinde in Barcelona interessant: Die dortige Deutsche Schule war im Jahre 1894, also ein Jahr zuvor, gegründet worden. Im Jahr darauf, also 1896, sollte die Gründung der Deutschen Schule Madrid und zwei Jahre später, 1898, diejenige der Deutschen Schule Málaga erfolgen. Nach dem Gesagten ist es nicht überraschend, dass einer der Nachfolger von Pfarrer Arndt, Pastor Schumann, diese Schule ins Leben gerufen hat. Ab dem 21. April 1898 versammelte er vier deutsche Kinder im Grundschulalter in seinem Privathaus um sich, um ihnen Unterricht in ihrer Muttersprache zu geben.

Als für den Herbst acht weitere Kinder, darunter die beiden des Kaiserlichen Konsuls Pries, angemeldet worden waren, entschlossen sich drei Väter zur Gründung eines Schulvereins, der sich statutengemäß der Aufsicht des deutschen Konsulats unterstellte. Als Vorsitzender des Schulvereins fungierte Ernst Giersiepen, der 1897 infolge seiner Anstellung als Direktor der damals von Siemens-Halske gegründeten Firma „Elektrische Betriebe Berlin” („Compañia Alemana de Electricidad“) von Madrid nach Málaga übergesiedelt war. Er brachte reiche Erfahrungen mit, hatte er doch als Vater von zwei Kindern 1896 die erste Anregung zur Gründung der deutschen Schulgemeinde Madrid gegeben. Er hatte ferner dem dortigen Schulvorstand des ersten Jahres angehört. In Absprache mit Konsul Pries verfasste Giersiepen zusammen mit P. Gagel, einem bekannten Weinexporteur, der nun das Amt des Schatzmeisters bekleidete, und J. Weeler, dem Schriftführer, am 13. Juni 1898 nachfolgendes Schreiben an den Kaiserlich deutschen Botschafter in Madrid, Herrn von Radowitz.

Die Gründungsurkunden

„Exzellenz!
Veranlaßt durch die Beobachtung, daß es in Málaga mehrere Familien gibt, deren Namen urdeutsch (sc. ist), deren Wesen und Empfindung aber völlig den spanischen Charakter trägt, in denen die Väter wohl noch als deutsche Unterthanen in der Liste des hiesigen Kaiserlichen Konsulates verzeichnet stehen, die erwachsenen Söhne aber schon naturalisierte Spanier geworden sind, haben wir Deutsche uns zusammengethan und zu Ostern des Jahres eine deutsche Schule eingerichtet. Die deutschen Kinder durch eine gediegene nationale Erziehung mit der deutschen Sprache und dem deutschen Wesen dem Vaterlande zu erhalten, in ihnen die Liebe zu Kaiser und Reich zu wecken und zu bewahren, soll die Aufgabe unserer deutschen Schule sein.

Sie ist bestimmt für Knaben und Mädchen von 6-14 Jahren jeder Religion und jeden Standes. Der Religionsunterricht ist fakultativ. Zunächst wird der Unterricht vom Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde allein erteilt, doch ist das auf die Dauer nicht durchführbar, da schon jetzt zu gleicher Zeit, sowie in demselben Raume zwei Abteilungen zu beschäftigen sind, zum Herbst des Jahres acht neue Schüler zur Schule angemeldet sind und im nächsten Jahr wieder verschiedene deutsche Kinder schulpflichtig sein werden. So sehen wir uns genötigt, möglichst bald einen deutschen Lehrer oder eine Lehrerin als zweite Lehrkraft anzustellen. Wie aus dem beifolgenden Voranschlage ersichtlich, ist aber unsere kleine deutsche Kolonie nicht im Stande, die nötigen Mittel allein Zu beschaffen. Wir erlauben uns deshalb, Eurer Exzellenz die ergebenste und herzlichste Bitte auszusprechen, bei dem Herrn Reichskanzler für uns einen Zuschuss von M. 1200,- aus dem Reichsschulfonds geneigtest befürwortend erwirken zu wollen.

Málaga, den 13. Juni 1898
gez. Ernst Giersiepen Vorsitzender
Paul Gagel, Schatzmeister
J. Weeler, Schriftführer
An Seine Excellenz
den Kaiserlich deutschen Botschafter Herrn von Radowitz
Madrid

Am 26. Juni 1898 wurde der Brief, der über das Kaiserliche Konsulat für die Provinz Madrid beim Auswärtigen Amt in Berlin um finanzielle Unterstützung nachsucht, von Herrn von Radowitz befürwortend weitergeleitet.

In dem Schreiben des Kulturattachés des Konsulats wird das von Giersiepen vorgetragene Argument, dass die Deutsche Schule Málaga zur Erhaltung und Festigung des dortigen Deutschtums dienen könne, noch näher ausgeführt:

„Málaga müßte die blühendste deutsche Kolonie in Spanien haben. Die ersten Firmen des Orts im Export-, Bank-, Schiffs- und Warenspeditionsgeschäft führen deutsche Namen5, oft seit mehreren Generationen. Die Inhaber aber sind fast ausnahmslos sowohl nach Wesensart als nach Gesinnung Spanier, und diese ehemals deutschen Familien sind also für Deutschland durchaus verloren gegangen.

Erst seit allerneuester Zeit datieren die Ansätze zu einer Besserung. “6 Im Anschluss werden zwei Institutionen, nämlich die evangelische Kirchengemeinde und der Verein „Germania“, beschrieben, die es in die Hand genommen hätten, die deutsche Kolonie bei herausragenden Anlässen, wie z.B. dem Besuch deutscher Kriegsschiffe oder deutscher Turnvereine, zu repräsentieren,

,,daß die deutschen Gäste den Eindruck eines sehr erfreulichen patriotischen Geistes in der Kolonie davontrugen.“

Dann folgt der entscheidende Satz, der das Auswärtige Amt in Berlin zu einer positiven Reaktion veranlassen soll:

„Eine deutsche Schule wird nun in der That die gebotene Ergänzung in diesem Kolonialbild sein, damit die Kinder dieser Leute, die meistens Spanierinnen zu Frauen haben bzw. haben werden, nicht wieder für das Deutschthum verloren gehen.“

Diese Argumentation muss ganz aus dem Zeitgeist heraus verstanden werden: Der Gedanke der Begegnung mit der Kultur des gastgebenden Landes war damals nicht vor- herrschend. Umso moderner klingen die Sätze, in denen der Beamte des Konsulats sich um die „religiöse Parität“ an der Deutschen Schule Málaga sorgt, da schließlich ein evangelischer Geistlicher den Unterricht hält. Er verweist jedoch beruhigt auf Konsul Pries, der ihm versichert habe,

„daß Herr Schumann sehr tolerant sei und eine Beeinflussung der Schule durch ihn in propagandistischer Richtung nicht zu befürchten sei.“

Die Gründungsurkunden 1898

Am 10. November 1898 entspricht das Auswärtige Amt der Bitte des Schulvorstandes um finanzielle Unterstützung aus dem Reichsschulfond. Damit ist die Grundlage für die staatliche finanzielle Förderung gelegt, ohne die eine deutsche Auslandsschule nicht am Leben zu erhalten war. Wegen der Bedeutung dieses Schriftstücks sei es ebenfalls abgelichtet und in Transkription wiedergegeben:

Abschrift
A. Amt
Berlin, den 10. November 1898
Seine Majestät, der Kaiser und König, haben zu genehmigen geruht, dass der Deutschen Schule in Madrid der Betrag von 4.500M. „viertausendfünfhundert Mark“ und der Deutschen Schule in Málaga der Betrag von 1.200M. „,eintausendzweihundert Mark“ zur bestimmungsmäßigen Verwendung aus dem im Etat des Auswärtigen Amtes für 1898/99 ausgebrachten Schulfonds gewährt werde.

Ich bitte, diese Summen den Vorständen der Schulen auszuzahlen und von der Legationskasse durch besondere Ausweisung bei Einreichung der bestätigten Quittung der Empfangsberechtigten wieder einzuziehen.

Der Reichskanzler
Im Auftrag
gez. Hellwig

An den Kaiserl. Geschäftsträger Herrn Freiherrn von Telfried auf Buttenheim
Hochwohlgeboren
Madrid

Mit dieser Zahlung von 1.200.- Reichsmark war die Schulgründung offiziell bestätigt, denn von nun an leistete das Auswärtige Amt jährlich Zahlungen an den Vorstand. Dieser bedankte sich denn auch prompt für die erste Förderung im Schreiben vom 8. Dezember 1898 an den Botschafter von Radowitz:

„Der Vorstand erlaubt sich bei diesem Anlasse ferner die Bitte, dem Auswärtigen Amte in Berlin die Versicherung seines ehrfurchtsvollsten Dankes, mit der er die Gabe entgegengenommen hat, übermitteln zu wollen.“

Aus diesem Schreiben geht auch der Stolz der Vorstands-mitglieder auf den Erfolg der Anerkennung hervor. In den Unterlagen des Politischen Archivs findet sich ein Auszug aus de1m Handelsbericht Málaga über das Jahr 1898 unter dem Datum 29. März 1899. Darin wird die Gründung der Deutschen Schule Málaga als hervorragendes Ereignis erwähnt:

„Aus der deutschen Kolonie, welche mit ca. 130 Seelen nach der engl. die stärkste fremde Kolonie am Platze ist, ist die erfreuliche Thatsache der Gründung einer deutschen Schule im Berichtsjahr hervorzuheben, welche nur durch einen aus Reichsmitteln bewilligten Zuschuss ermöglicht wurde.“

Die Verfassung der neugegründeten Schule

Die Verfassung der neugegründeten Schule

Bereits am 3.April 1898, also ein halbes Jahr vor der Anerkennung durch das Auswärtige Amt in Berlin, hatte die Generalversammlung der Schulgemeinde Málaga sich eine neue Verfassung gegeben.

Als historisches Dokument sei sie im Folgenden abgedruckt:

Der vorstehende Text wirkt sehr modern. Auffällig ist, dass – entsprechend den in den Gründungsurkunden vorgetragenen Gedanken – die alleinige Unterrichtssprache Deutsch ist und nichtdeutsche Schüler nur in Ausnahmefällen aufgenommen werden sollen.

Im Vergleich zur heutigen Ferienordnung hatten die Schüler damals längere Sommerferien, nämlich von Mitte Juli bis zum 1.Oktober. Der Grund dafür dürften die langen An- und Rückreisezeiten in die Heimat gewesen sein: Während die Kinder heute mit ihren Eltern im Flugzeug in 2 ½ Stunden deutsche Großstädte erreichen können, brauchten sie damals allein für die Reise mit dem Dampfer von Málaga nach Hamburg volle acht Tage! Dafür waren die Weihnachts- und Osterferien auf fünf Tage begrenzt.

Statt der heute üblichen „Puentes“ kamen die Kinder im Jahre 1898 in den Genuss von Kurzferien, wenn Pfarrer Schumann als der einzige Lehrer und Schulleiter seine „Filialreisen“ unternahm. Hierbei dürfte es sich um Dienstreisen zu anderen deutschen Gemeinden in Andalusien und Marokko gehandelt haben.

Dass in den Schulvorstand nur Männer berufen werden konnten, ist bei der damaligen patriarchalischen Gesellschaftsstruktur nicht verwunderlich.

Die Entwicklung der Schule bis zum Ende des Ersten Weltkriegs

Die Gebäude

In den Dokumenten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes finden sich keine Fotographien dieser Gebäude. Glücklicherweise haben sich die Straßenbezeichnungen und die Hausnummern jedoch bis heute nicht geändert, so dass die Gebäude im April 2023 von zwei Lehrern der Deutschen Schule Málaga fotografiert wurden. Die Aufnahmen sind in dem nachfolgenden Text zur Illustration eingefügt.

In allen Jahresberichten wird der Zustand beklagt, dass der Unterricht in angemieteten Räumen stattfinden muss, und die Hoffnung geäußert, dass die Schule bald zu einem eigenen Gebäude kommt.

Besonders der Turnunterricht war starken Einschränkungen unterworfen, da über längere Zeit kein Sportplatz zur Verfügung stand und deshalb in einem Schulzimmer geturnt werden musste. Im Schuljahr 1900/ 1901 beschränkten sich die früher auf einem Freiplatz abgehaltenen Turnspiele

„auf die Spiele der Kinder in den Unterrichts-pausen“.

Die häufigen Umzüge in ein neues „Schullokal“ hatten verschiedene Gründe: Entweder waren die vorher angemieteten Räume wegen der gestiegenen Schülerzahlen zu klein geworden, oder der Mietvertrag war vom Hausbesitzer gekündigt worden.Im ersten Jahr hatte Pfarrer Schumann einige Räume in einem Gebäude in der Calle del Císter, ganz in der Nähe der Kathedrale, angemietet. Offensichtlich hatten die meisten Mitglieder der deutschen Kolonie ihre Geschäfts – und Privathäuser im Zentrum, in günstiger Lage zum Hafen. Anhand der Jahresberichte lässt sich nachvollziehen, in welchen Gebäuden in den ersten Schuljahren Räume angemietet wurden. In der Kopie des Stadtplans erkennt man, dass die Nähe zum Hafen stets gegeben war.

Die einzelnen Stationen der Schule sind jeweils mit Nummern gekennzeichnet.

Man vergleiche dazu die folgende Übersicht:

Die Entwicklung der Schülerzahlen und der Schulstruktur

Aus den Berichten des Schulvorstands, die regelmäßig zur Osterzeit der Generalversammlung der Schulgemeinde vorgelegt und anschließend gedruckt dem Auswärtigen Amt übersandt wurden, kann die Entwicklung der Schülerzahlen präzise ersehen werden. Lassen wir zunächst die nüchternen Zahlen der Statistik sprechen:

Diese Zahlen bedürfen freilich der Interpretation. Im 3. Jahr nach der Gründung, 1901, wurden vier Kinder – zwei Knaben und zwei Mädchen – in der „oberen Klasse“ der Elementarschule (nach heutiger Bezeichnung: der 3. Klasse) unterrichtet. Die restlichen zehn Kinder befanden sich in „der Unterstufe“ (1. und 2. Klasse). Damit war die in der Gründungssatzung vorgesehene Elementarschule bereits voll ausgebaut.

Bis zum Jahre 1907, dem 9. Schuljahr nach der Gründung, war die Schule bis zur „Obertertia der Mittelschule“ (der heutigen 9. Jahrgangsstufe) erweitert. Auf diese Weise sollten die Knaben auf den Besuch der Realschule und die Mädchen für eine höhere Töchterschule in der Heimat vorbereitet werden. Als die Schule am 21.April 1908 intern des zehnjährigen Bestehens gedachte, konnte folgende Schülerstatistik vorgelegt werden:

Aus der Übersicht können interessante Beobachtungen abgeleitet werden:

Mehr als ein Drittel der Schüler sind nicht deutscher Herkunft, d.h. das in der Gründungssatzung formulierte Ziel, Kinder anderer Nationen nur ausnahmsweise aufzunehmen, ist – wohl auch aus finanziellen Gründen – zehn Jahre danach schon etwas aus den Augen verloren worden. Aus heutiger Sicht verdient diese Tatsachte aber eine positive Deutung, denn mit einem Anteil von elf spanischen Schülern (etwa einem Viertel der Gesamtschülerzahl) ist die Richtung auf die heutige Begegnungsschule hin schon eingeschlagen worden.

Nur etwas über 16 Prozent der Schüler sind evangelischer Konfession, das herausragende Engagement der evangelischen Kirche beim Aufbau der Schule schlägt sich also nicht in einem übermäßigen Anteil von protestantischen Schülern nieder. Einzelne Jahrgangsstufen werden aus Mangel an Lehrkräften und Räumen zusammengefasst.

Bemerkenswert ist auch die Verteilung der Unterrichtsfächer auf die einzelnen Klassen, die in demselben Bericht abgedruckt ist:

Immerhin 24 von 150 Wochenstunden werden in nichtdeutscher Unterrichtssprache erteilt! Dieses Faktum scheint den Vorstand zu der selbstkritischen Anmerkung veranlasst zu haben, dass man

„Kinder anderer Staatsangehörigkeit… nur in geringer Zahl und mit der peinlichsten Auswahl aufnehmen“

wolle.

Man darf wohl annehmen, dass diese Zahlen eine Replik auf die in der deutschen Kolonie geäußerte Kritik darstellen. Nachdem zu Beginn des Schuljahres 1909/1910 die Schülerzahl dramatisch auf 30 zurückgegangen ist (vgl.o.), erreicht das Kaiserlich Deutsche Konsulat zu Málaga eine vertrauliche Anfrage des Kaiserlich Deutschen Generalkonsulats für Spanien, das seinen Sitz in Barcelona hat:

Schon am 7.Mai 1910 beantwortet der Verweser des Kaiserlichen Konsulats zu Málaga diese sehr bedrohlich klingende Anfrage mit dem Hinweis darauf, dass die Schule in der Tat eine schwere Krise durchlitten habe, die das Unternehmen in seinen Grundfesten zu erschüttern drohte. Die Ursachen dafür seien jedoch in der Hauptsache privater Natur. Die Schule könne nun unter einem neuen Vorstand in eine erfreuliche Zukunft blicken. Der Beamte geht also auf den Vorwurf, der Anteil Nichtdeutscher in der Deutschen Schule Málaga sei zu hoch, überhaupt nicht ein! Er scheint aber Sehergabe besessen zu haben, denn tatsächlich entwickeln sich bis zum Jahre 1913 die Schülerzahlen sehr erfreulich:

Nach der Gründung eines Kindergartens im Jahre 1912 befinden sich am Ende des Schuljahres 1912/1913 insgesamt 76 Kinder im Colegio Alemán! Die Statistik zeigt jedoch, dass der Anteil deutscher Schüler sogar geringer, die Zahl der durch die Kinder repräsentierten Nationen dagegen größer geworden ist:

Diese Auflistung zeigt etwas sehr Erstaunliches: Die Deutsche Schule Málaga ist ein Jahr vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten des 1. Weltkrieges eine Internationale Schule geworden, in der die Kinder aus Nationen, die bald erbitterte Feinde des Deutschen Reiches sein werden, friedlich mit deutschen Schülern lernen und Umgang haben.

Wen wundert es aber, dass gerade deshalb, vor allem wegen des Anteils von französischen Schülern, seit 1912 ein Konflikt ausgebrochen ist?
Die in der Statistik des Schuljahres 1912/13 ausgewiesenen fünf französischen Schüler sind ein Indiz dafür, dass die französische Kolonie in Málaga im Anwachsen begriffen war. Der Vorstand und die Leitung der Deutschen Schule standen deshalb vor folgender Entscheidung:

Sollten sie weiterhin französische Schüler aufnehmen und damit auch den Einfluss der französischen Elternschaft verstärken oder sollten sie in dieser Hinsicht restriktiv verfahren und damit die französische Kolonie zur Gründung einer eigenen Schule zwingen? Oder, knapper gesagt: Friedliches Zusammenleben und Kooperation oder Konkurrenzkampf von zwei Schulen?

Aus dem Archivmaterial geht hervor, dass dieses Dilemma auch zu einem Konflikt zwischen Vorstand und Schulleitung einerseits und dem Kaiserlichen Konsulat andererseits führte. In seinem Schreiben vom 23. April 1912 fasst der Vorstand seine Argumentation zugunsten einer Integration von deutschen und französischen Schülern zusammen:

Aus dem Schreiben, das über das Kaiserliche Generalkonsulat in Barcelona an das Auswärtige Amt gesandt wurde, geht hervor, dass der bei der Gründung der Schule vorherrschende Gesichtspunkt, dass fast ausschließlich deutsche Kinder in ihrer Muttersprache zu fördern seien, zurückgedrängt wird zugunsten einer Expansion der Schule. Selbstverständlich erhoffte sich der Vorstand bei einem weiteren Ansteigen der Schülerzahl auch einen erhöhten Zuschuss des Deutschen Reiches, denn am Ende des besagten Schreibens wird die Bitte geäußert, für das Schuljahr 1912/13 6.000.- Reichsmark zu bewilligen, d.h. das Fünffache des Betrags aus dem Gründungsjahr!

Die handschriftliche Marginalie, Konsul Frömke habe drei Fragezeichen an den Rand des Schreibens des Vorstands gesetzt, zeigt freilich, dass die Pläne auf erheblichen Widerstand bei der Auslandsvertretung stießen. In einem vertraulichen Schreiben vom 26. April 1912 attackiert dann auch Frömke die Pläne des Vorstands in schärfster Weise.

Man beachte besonders den persönlichen Angriff auf den damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Brausewetter, einen ehemaligen Militärarzt!

Die Schreiben zeigen über die Argumentation in der Sache hinaus zwei grundsätzliche Aspekte, die für das gesamte deutsche Auslandsschulwesen gültig sein dürften:

Die Schule steht immer im Schnittpunkt der Linien der großen Politik: So darf Frankreich als dem Erzfeind des Deutschen Reiches nach Ansicht des Kaiserlichen Konsuls in Málaga nicht zugestanden werden, dass es auf Kosten des deutschen Steuerzahlers seine Kinder am Colegio Alemán unterrichten lässt.

Mehr als eine Inlandsschule ist eine Schule im Ausland dem Einfluss der kleinen Politik unterworfen. So befehden sich im geschilderten Streitfall Auslandsvertretung und Vorstand in sehr polemischer Weise, wobei auch persönliche Animositäten eine Rolle zu spielen scheinen.

Mit seiner Ansicht, dass man die Gründung einer französischen Schule auf die Dauer nicht verhindern könne, lag Konsul Frömke durchaus richtig: Bald darauf besuchten die französischen Kinder ihre eigene Schule, die bis heute im Zentrum von Málaga existiert.

Dem Vorstand und der Schulleitung des Colegio Alemán gelang es zwar, bis zum Ende des Schuljahres 1913/14 die Schülerzahl nochmals auf 89 zu erhöhen, doch dann kam mit dem Beginn des 1. Weltkrieges am 1.8.1914 der Einbruch, den Schulleiter Wilhelm Koethke in seinem Bericht über das Schuljahr 1914/15 so zusammenfasst:

„Das Jahr 1914/15 zeigt einen erheblichen Rückgang. Mit Ausbruch des Krieges verließen uns fast alle Kinder der fremden Kolonien. Auch spanische Familien sahen sich genötigt, aus mancherlei Rücksichten ihre Kinder zurückzuziehen. Das darf uns nicht erstaunen und kann uns nicht entmutigen.“

Unter den 52 Schülern am Ende des Schuljahres 1914/15 befanden sich außer 21 Spaniern noch vier Engländer, ein Amerikaner und ein Mexikaner. Erstaunlich ist die Präsenz der englischen Schüler, denn immerhin befand sich das Deutsche Reich seit dem 4. August 1914 auch mit England im Krieg.

Am 1. April 1917 sind es insgesamt noch 49 Schüler, darunter neben 18 spanischen zwei österreichische und drei holländische Schüler.

Während Direktor Koethke nach dem ersten Kriegsjahr noch Verständnis für die Abmeldung der nichtdeutschen Kinder gezeigt hatte, zeigte er sich nun darüber verbittert:

„Der Rückgang in den Kriegsjahren von 89 Schülern (1914) auf 49 (1917) steht in direktem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bekämpfung des Deutschtums in Málaga durch die verantwortlichen Vertreter unserer gegnerischen Nationen. Wenn im Anfang des Krieges verschiedentlich von spanischen Vätern wirtschaftliche Gründe bei Abmeldungen angegeben wurden, so wird jetzt mit Offenheit die Schwarze Liste als Begründung angeführt.“

Aus diesen Sätzen spricht auch die Not, trotz geringerer Einnahmen einen einigermaßen geordneten Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten. Trotz der wirtschaftlich immer schwierigeren Situation hielt die Deutsche Schule Málaga bis zum Ende des 1.Weltkrieges an ihrem bewährten pädagogischen Konzept fest, das Direktor Koethke im Schulbericht über das 19.Schuljahr (1916/17) so umschrieb:

„Es war unsere Absicht, den Einzelklassenbetrieb aufrecht zu erhalten, selbst wenn nur fünf Schüler die Klasse besuchten. Wir sehen darin eine wichtige Existenzgrundlage der Auslandsschule, die nur dann erfolgreich arbeiten kann, wenn die Klasse sich unmittelbar um ihren Klassenlehrer gruppiert. Was wir Auge in Auge mit unseren Schülern täglich und stündlich am konkreten Schulstoff persönlich fertigbringen, ist immer in erster Linie das Ausschlaggebende. Wir sind in der Auslandsschule wesentlich auf uns selbst angewiesen und auf das, was wir innerhalb der vier Wände unserer Schule persönlich leisten.“

Diese Sätze von Koethke klingen erstaunlich modern, denn auch im Zeitalter einer wesentlich verbesserten äußeren Ausstattung der deutschen Auslandsschulen kann der Primat des persönlichen Einsatzes einer jeden dort wirkenden Lehrkraft gar nicht genug betont werden.

Personalia: Konsulat, Vorstand; Schulleitung, Lehrerkollegium

Aus dem vorangegangenen Kapitel geht hervor, dass Wilhelm Koethke, der seit 1910 die Schulleitung übernommen hatte, das Hauptverdienst daran hatte, dass das Colegio Alemán die schwierigen Jahre bis zu seinem zwanzigjährigen Bestehen im Jahre 1918 ohne Profilverlust überstand.
Unsere Chronik muss jedoch allen Persönlichkeiten gerecht werden, die die Geschichte der Schule in diesen 20 Jahren mitbestimmt haben.

Konsulat

1898-1909
Elf Jahre lang gehörte der Kaiserliche Konsul Adolf Pries dem Schulvorstand als Ehrenvorsitzender an. Er hatte bei der Gründung der Schule Pate gestanden und im Herbst 1898 seine eigenen Kinder angemeldet. Aus dem gesamten Schriftwechsel geht deutlich hervor, dass Konsul Pries sich mit ganzer Kraft für die Gründung und die offizielle Anerkennung der Schule eingesetzt hat. Seit dem Jahre 1906 trug er den Titel Conde.

Am 13.Juli 1909 verstarb Adolf Pries. Im Jahresbericht 1909/10 wird seiner im Vorwort gedacht:

„In dem Verstorbenen haben wir einen eifrigen Förderer unserer Schule verloren und wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.“

Die Stadtverwaltung von Málaga hat ihm und seiner Familie ebenfalls ein Denkmal gesetzt, indem sie die Straße, die unterhalb des englischen Friedhofs verläuft, „Avenida de Pries“ taufte. Dies geschah völlig zu Recht, denn der „Cementerio San Miguel“ war in dieser Zeit oft Treffpunkt der deutschen Kolonie, da in der tempelartig angelegten englischen Kirche des Friedhofs auch Hochzeiten, Taufen und Konfirmationen stattfanden.

1909/10

Im Schuljahr nach dem Tod von Konsul Pries nahm A. Kaibel als Verweser des Kaiserlichen Konsulats die Amtsgeschäfte des Ehrenvorsitzenden des Schulvorstands wahr.

Ab 1910:

Ab September 1910 übernahm der neu ernannte Kaiserliche Konsul Rudolf Frömke das Amt des Ehrenvorsitzenden. Im Jahresbericht 1900/01 wird er bereits als Schatzmeister genannt und wird in den Spenderlisten seit dieser Zeit regelmäßig erwähnt. Er war ferner vier Jahre lang, von 1906-1910, Vorstandsvorsitzender. Die Archivunterlagen weisen ihn als sehr einflussreichen, überaus engagierten Ehrenvorsitzenden aus, der freilich in die alltäglichen Schulbelange stärker eingriff als sein Vorgänger Pries.

Frömke polemisierte im April 1917 auch heftig gegen den Vorstand, als dieser aus dem angemieteten Gebäude in der Calle Trinidad Grund 7 ausziehen wollte, um beim Círculo Mercantil Holzhäuser in der Nähe des Hafens als Schullokal zu erwerben.

Frömke bittet in seinem Brief vom 29. April 1917 das Auswärtige Amt über die Kaiserliche Botschaft in Madrid, das Projekt abzulehnen, da man erst nach Kriegsende beurteilen könne, „in welchen Bahnen die weitere Entwicklung der Schule erfolgen kann“. Am Ende seines Briefes erkennt man jedoch, dass er Sorge hat, ihm könnten egozentrische Motive unterstellt werden:

„Ich meinerseits habe dem Schulvorstand meine Ansicht weiter nicht kundgegeben, damit man mich, als Mitbesitzer des Hauses, in dem sich die Schule befindet, nicht etwa als befangen bezeichnet.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rudolf Frömke seine
Aufsichtsfunktion gegenüber dem Schulvorstand bewusster wahrnahm als Adolf Pries. Aus dem erwähnten Streit mit dem Vorstand ging Frömke jedenfalls als Sieger hervor, denn erst im Jahre 1930 sollte das Colegio Alemán von dem Gebäude in der Calle Trinidad Grund 7 in die Calle Goethe im Limonar umziehen.

Vorstand

In Einklang mit §9 der oben abgedruckten Schulverfassung bestand der Schulverband aus „5 deutschen Männern der Schulgemeinde“, dem Kaiserlich deutschen Konsul als Ehrenvorsitzenden und dem Schulleiter als beratendem und beschließendem Mitglied. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle sämtliche Mitglieder der Vorstände der ersten Jahre namentlich aufzulisten, doch sollen zumindest die Vorsitzenden der ersten 20 Jahre genannt sein:

• 1898-1900: E. Giersiepen
• 1900-1902: R. Weger
• 1902-1906: D. Wankel
• 1906-1908: R. Frömke
• 1908-1910: R. Frömke
• 1910-1918: K. Dörr

Der Schriftwechsel, der aus den Akten des Auswärtigen Amtes ersichtlich ist, zeigt, dass der Vorstand ganz besonders rege in allen Fragen der Finanzierung von Bedürfnissen der Schule gewesen ist. Die pädagogische Leitung dagegen scheint ausschließlich in den Händen des Schulleiters gelegen zu sein.Regelmäßig wurden in den Jahresberichten die Beiträge der Schulgemeindemitglieder aufgelistet, die der Vorstand einzusammeln hatte.

Wie oben schon erwähnt, war die Hauptsorge des Vorstands der Erwerb eines eigenen Schulgebäudes, damit die ständige Zahlung von Miete aufhörte. In der abgedruckten Liste erscheint der Name Ernst Kusche.

Dieser Kaufmann aus Lübeck sollte es 1930 sein, der zusammen mit seiner Frau die entscheidende Unterstützung für den Ankauf der Villa Lydia im Limonar gab.

Der Vorstand der Deutschen Schule Málaga hat das große Verdienst, das Schulschiff durch alle Gefahren mit sicherer Hand gesteuert zu haben, so dass die Schüler eine glückliche Zeit hatten und in optimaler Weise gefördert werden konnten.

Schulleitung und Lehrerkollegium

Wie im Kapitel über die Gründung der Schule schon erwähnt, war Pfarrer Schumann der erste Schulleiter, der zugleich den ersten Unterricht erteilte. Durch Vermittlung des „Allgemeinen Deutschen Schulvereins zur Erhaltung des Deutschtums im Ausland“ bekam die Schule nach kurzer Zeit noch einen zweiten Lehrer zugeteilt, nämlich Herrn K. Richter aus Oberglogau. In den ersten beiden Jahren unterrichtete ferner Fräulein Heindel, eine in Málaga geborene Deutsche, die Deutsch und Spanisch als Fremdsprache sowie Handarbeiten für Mädchen übernahm. Die Verträge wurden zumeist nur für zwei Jahre geschlossen, so dass die Fluktuation im Kollegium und in der Schulleitung beträchtlich war. Zur besseren Übersicht seien zunächst die Schulleiter der ersten 20 Jahre genannt:

• 1898-1900: Pfarrer Schumann
• 1900-1903: Pfarrer Elfert
• 1903-1910: W. Rambacher
• Ab 1910 : W. Koethke

Der Lehrer für Realien (Geographie, Geschichte, Naturgeschichte) W. Rambacher löste also den zweiten evangelischen Pfarrer im Jahre 1903 ab und wurde durch W. Koethke ersetzt, der bereits von 1903 bis 1905 Unterricht in der Grundschule erteilt hatte.

Die Biographie Koethkes, die G. Lepiorz im Jahrbuch 1980 der Deutschen Schule Málaga verfasst hat, zeigt, dass der neue Rektor sowohl im Sprachlichen als auch im Pädagogischen gründliche Vorarbeit geleistet hatte. Alle von uns beauftragten Zeitzeugen zeigten sich begeistert über die Wärme der persönlichen Zuwendung, die sie bei ihrem Rektor spürten.

W. Koethke stand im Schuljahr 1912/13, also in dem Jahr mit der hohen Schülerzahl von 76, folgendem Kollegium vor:

• Heinz Mohr, Lehrer
• Friedrich Mörck, Lehrer
• Rafael Martin, Presbitero
• Hedwig Prüfer, wissenschaftliche Lehrerin
• Anita Hohmann, Profesora de Colegio
• Malwina Heindel, Handarbeitslehrerin
• Caroline Anraths, Jugendleiterin

Aus mehreren Bemerkungen des Schulleiters in dem betreffenden Jahresbericht geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt bereits das Auswärtige Amt in Berlin die Besetzung der Stellen ermöglicht hat.

Lerninhalte der einzelnen Fächer – Lernziele

Verglichen mit heutigen Stoff-und Lehrplänen, erscheinen Methodik und Didaktik schon ziemlich modern. So wird der Unterricht in den modernen Fremdsprachen ganz ohne Übersetzungen, also einsprachig, durchgeführt.

Im Fach Deutsch fällt die intensive Übung im schriftsprachlichen Bereich auf:

Herr Koethke hat in der Klasse IV (=Untertertia= heutige 8. Klasse) 15 Aufsätze und 40 Diktate anfertigen lassen. Wenn man hinter dieser hohen Anzahl von Schreibanlässen Drill vermutet, dürfte man das Richtige treffen. Die Schüler werden aber davon Vorteile für ihr ganzes Leben gehabt haben. Die Lehrkräfte waren jedoch darum bemüht, auch die Kreativität ihrer Schüler zu fördern: So werden diese im Fach Zeichnen zu freigestaltender Tätigkeit angeregt, und im Turnen erhalten die Mädchen bei Gangübungen musikalische Begleitung!

Wenn die in dem Jahresbericht dargestellten Lerninhalte und Lernziele vollständig umgesetzt wurden, müssen die Schüler, wenn sie auf Schulen in der Heimat überwechselten, ihren neuen Klassenkameraden im Hinblick auf selbständiges Denken sogar überlegen gewesen sein. Schulleiter Koethke fasst seine pädagogischen Ziele im selben Jahresbericht so zusammen:

„So wird hoffentlich erreicht werden, was unser ernstes Bestreben ist, dass nämlich die Verstandesbildung sowie die Erziehung zu selbsttätiger und selbständiger Beurteilung der Wirklichkeit entwickelt werden, und dass diese nicht verkümmern unter dem Übergewicht rein gedächtnismäßigen Wissens.“

Wenn man diesen Satz genau liest, versteht man, warum der Ruf der Deutschen Schule Málaga so gut war: Die Schule hat ein klares Profil, sie lässt sich von dem durch die Antike geprägten Idealbild der Entwicklung einer harmonischen, autarken Persönlichkeit leiten.

Besondere zeitgeschichtliche Ereignisse in ihrer Auswirkung auf das Schulleben

Die Chronik einer Schule kann nicht unabhängig von den zeitgeschichtlichen Ereignissen erstellt werden, denn die Schülerinnen und Schüler spüren in ihrem kleinen Kosmos oft sehr deutlich deren Auswirkungen.

So erlebten die Schüler des Colegio Alemán – wie ihre Kameraden in der Heimat – alljährlich am 27. Januar ganz konkret, dass das Deutsche Reich eine monarchische Verfassung hatte: Vorschriftsgemäß versammelten sich Lehrer und Schüler im „fahnen-palmen-und blumengeschmückten Schullokal“, um des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers zu gedenken. Im Anschluss an die Feierstunde machten die Lehrkräfte mit den Kindern einen Spaziergang in die nähere Umgebung. Exkursionen wurden vor allem in den Hafen veranstaltet, wenn Kriegs- oder Schulschiffe dort vor Anker lagen. Die Kinder wurden dort von den Offizieren und der Mannschaft fachkundig geführt und freundlich bewirtet.

Ein Besuch stand jedoch unter einem tragischen Vorzeichen, nämlich die Besichtigung des Segelschulschiffes „Gneisenau“. Im Jahresbericht 1900/01 lesen wir darüber:

Hinter diesem schlichten Bericht verbirgt sich die furchtbare Katastrophe des Dreimast – Vollschiffes „Gneisenau“, auf dem seit 1879 zahlreiche Seeleute und Schiffsoffiziere ausgebildet worden waren. Der Großsegler, der im Hafen von Málaga 800 Meter vor der Mole vor Anker lag, wurde am Sonntag, 16. Dezember 1900 bei einem der schlimmsten Unwetter, die je über diese Gegend hereingebrochen waren, zerstört:

„Wie ein Spielzeugschiff wurde die Gneisenau von den gewaltigen Fluten emporgehoben, die sich mit Urgewalt der Stadt näherten.

Noch bevor die Besatzung Zeit gefunden hatte, die Rettungsfeuer zu entzünden, rissen beide Anker kurz nacheinander. In dieser aussichtslosen Situation entschloss man sich – etwa gegen 11.30 Uhr -, die Rettungsboote zu Wasser zu lassen. Doch diese wurden bald zum Spielball der furchtbaren Wellen, wurden an den Felsen der nahegelegenen Küste zermalmt, ihre völlig machtlosen Insassen unter sich begrabend. Unterdessen hielt Kommandant Kretschmann noch die Stellung an Deck, während sich die Gneisenau unaufhaltsam der Hafenmole näherte. Doch nach über zweistündigem aussichtslosem Kampf wurde der Segler gegen die dem Hafen vorgelagerten Felsen gedrückt, sank samt Kapitän und zahlreichen Besatzungsmitglieder in nur wenigen Minuten, so dass schließlich nur noch die drei Hauptmasten aus den Fluten ragten.

Die Gneisenau hatte sich in einen riesigen Sarg verwandelt.“

Die dramatischen Ereignisse um diese Schiffskatastrophe rückten die deutsche Kolonie in Málaga für kurze Zeit in den Mittelpunkt des Weltinteresses: Einmal wurden die 41 Opfer auf dem englischen Friedhof beigesetzt.

Zum anderen sprach Kaiser Wilhelm II. der Bevölkerung Málagas am 3. Juni 1901 offiziell seinen Dank für ihre großartige Hilfe aus, denn zahlreiche Malagueños waren bei dem Versuch, die Schiffbrüchigen zu retten, selbst ums Leben gekommen.

Sieben Jahre später, in der Nacht vom 23. auf den 24. September 1907, wurde Málaga von einer verheerenden Überschwemmungskatastrophe heimgesucht, als der Fluss Guadalmedina über seine Ufer trat. Da das zu dieser Zeit angemietete Schulgebäude Pasillo de Atocha 4 in umittelbarer Nähe zum Fluss liegt, musste der von Rektor Rambacher erteilte Ferienunterricht für 22 Schüler ausfallen, da die Kinder tagelang nicht zur Schule gelangen konnten. Für die Bevölkerung Málagas waren die Auswirkungen viel schlimmer, denn die gesamte Innenstadt stand unter Wasser.

In Deutschland erinnerte man sich nun der selbstlosen Hilfe der Malagueños bei der „Gneisenau – Katastrophe“. Deshalb half nun die deutsche Kolonie, unter der Schirmherrschaft Wilhelms II., der Stadtverwaltung von Málaga bei der Beseitigung der Flutschäden. Die eiserne Santo-Domingo-Brücke, die durch die Überschwemmungskatastrophe zerstört worden war, wurde mit Hilfe eines Fonds der deutschen Kolonie wiedererrichtet und am 16. Dezember 1909, dem Jahrestag der „Gneisenau-Katastrophe“, der Stadt feierlich übergeben. Die Marmortafel über der Brücke soll an die tragischen Ereignisse vom 16. Dezember 1900 erinnern: „Alemania donó a Málaga este puente agradecido al heroico auxilio que la ciudad prestó a los náufragos de la fragata de guerra Gneisenau. MCM – MCMIX.“

„Deutschland übergab Málaga diese Brücke, in Anerkennung des heldenhaften Einsatzes, den die Stadt bei der Rettung der Schiffbrüchigen der Kriegsfregatte Gneisenau geleistet hat. 1900-1909.“

So aufsehenerregend und spektakulär wie die geschilderten Ereignisse waren natürlich nicht alle Geschehnisse der nächsten Jahre.
Im Jahr darauf, 1910, scheint Málaga von zahlreichen Krankheiten und Seuchen erfasst worden zu sein, so dass im Februar 60 bis 70% der Schüler fehlten.

In den Jahren 1911-1913 scheint der Einfluss des Kinematographen auf die Bevölkerung besonders zuzu nehmen, so dass sich Schulleiter Koethke Sorgen um seine Schüler macht:

„Wir bitten die Eltern, eine gewisse Auswahl der Vorführungen zu beobachten und uns in unseren Bemühungen um die Entwicklung eines kindlich harmonischen Gefühlslebens zu unterstützen.“ In diesem Zusammenhang warnt Koethke auch vor dem Besuch des Stierkampfes sowie vor der Lektüre von Verbrechergeschichten. Aus damaliger Sicht versuchte man also, eine Überforderung der Kinder durch Reize von außen zu vermeiden, – eine Überlegung, die uns heute sehr bekannt vorkommt! Dagegen stieß man sich von Seiten der Lehrerschaft offenbar nicht daran, dass die Schüler während der Jahre des 1. Weltkriegs bei Ausflügen Krieg spielten.

Dies kann nur aus der Identifikation der Auslandsdeutschen mit den Soldaten, die auf den Schlachtfeldern „dem Vaterland zur Ehre gereichten“ , erklärt werden. So gehörte es auch zur Ehrenpflicht, dass in den Jahresberichten dieser Zeit jeweils der ehemaligen Schüler gedacht wurde, die „im Dienst für das Vaterland den Heldentod fanden.“ Zum Vergleich mögen die Ehrendenkmäler dienen, die in den Vorhallen fast aller deutschen Traditionsgymnasien stehen.

Die Verse des Horaz, dass es „süß und ehrenhaft“ sei, für das Vaterland zu sterben, fanden damals weitaus mehr Zustimmung als in unserer Zeit, nach so vielen leidvollen Erfahrungen in zwei Weltkriegen.

Im Übrigen waren die Auswirkungen des 1. Weltkrieges zwar auch an der Deutschen Schule Málaga zu spüren, vor allem in den wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Doch kann man den Berichten der Kriegsjahre entnehmen, dass man diese Sorgen für klein hielt im Vergleich zu der Fülle von Problemen, die man in der Heimat hatte. So konnte Schulleiter Koethke zum zwanzigjährigen Bestehen der Schule im Jahre 1918 einen Bericht vorlegen, der insgesamt sehr optimistisch klang.

Sorgen machte er sich allerdings um die weitere Entwicklung von Deutsch als Unterrichtssprache, denn zu Beginn des Jahres 1918 hatte die Schule 26 reichsdeutsche Schüler, von denen nur zehn zu Hause deutsch sprachen.

Dennoch: Die Schule hatte eine wechselvolle Geschichte gut überstanden und konnte gelassen in die Zukunft blicken, von der man sich nach Beendigung des Krieges viel Gutes erhoffte.

1918 – 1945

Die Deutsche Schule Málaga zwischen 1918 und 1945

Nachkriegszeit

(aus: Festschrift zur Erinnerung an die Gründung der Schule in Málaga im Jahre 1989, verfasst von Detlev Devantié, erweitert und bearbeitet von Annika Breitenberger)

Obwohl historisch gesehen das Ende des Ersten Weltkrieges einen wichtigen Einschnitt darstellt, bedeutete es für das Schulleben in Málaga keinen Bruch.

Wilhelm Koethke, der bereits 1903 nach Málaga gekommen war und an der gerade fünf Jahre zuvor gegründeten Schule aushilfsweise unterrichtet hatte, kehrte nach vollständig beendeter Ausbildung als vom Auswärtigen Amt in Berlin berufener Schulleiter 1910 nach Málaga zurück und blieb bis 1936. Er führte mit großem Engagement und Geschick die Schule durch die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme, die der Krieg auch in Spanien verursacht hatte. Zunächst hatten zu Kriegsbeginn die 3 französischen Kinder die Schule verlassen, 27 englische Schüler verließen sie im Verlauf des nächsten Jahres. Etwa 40 spanische Eltern folgten im Verlauf des Krieges dem Aufruf der Alliierten (sog. „Schwarze Listen”, mit denen die Alliierten die Zusammenarbeit mit deutschen Firmen und Institutionen und damit die Unterstützung Deutschlands zu verhindern suchten) und meldeten ihre Kinder von der Deutschen Schule ab.

So stellte sich die Lage 1918, zum 20. Jahrestag der Gründung der Schule, als recht schwierig dar. Im Vereinsbericht über das Schuljahr 1918/19191 wurde zunächst die starke Zunahme der Anträge auf Schulgelderlass beklagt, bei gleichzeitiger Sperrung der eigenen Ersparnisse und der Zuschüsse des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die kontoführende Bank, die Banco Alemán Transatlantico, hatte nach Kriegsende, zur Sicherung von Ansprüchen auf Kriegsanleihen des Deutschen Reiches, die Zahlungen und Ersparnisse der Deutschen Schule eingefroren. In einem Schreiben ans Auswärtige Amt nimmt der damalige Konsul Frömke Stellung:

„Wie aus der der Eingabe beigefügten Abschrift eines Briefes vom 16.08. des Banco Alemán Transatlantico, Madrid, an die Deutsche Schule Málaga hervorgeht, glaubt die Bankdirektion sich wegen Deckung des Pesetenvorschusses auf M. 10.000 Kriegsanleihe, auch an die von der Reichsregierung zwecks Weiterführung der Deutschen Schule in Málaga, also insbesondere zu Gehalts- und Lohnzwecken überwiesenen Gelder halten zu dürfen. Falls diese Auffassung bestehen bleibt, ist es tatsächlich die Direktion des Banco Alemán, die die Deutsche Schule Málaga nach 20-jährigem segensreichen Wirken vor die Alternative stellt, ihre Tätigkeit unverzüglich einstellen zu müssen (…).”2

Nur durch großzügige Spenden einzelner Förderer konnte der Schulbetrieb zunächst aufrechterhalten werden, bis im darauffolgenden Jahr die Beträge aus Deutschland wieder ausgezahlt werden konnten.

Die Schule führte formal bis zur „Obertertia“, der neunten Klasse, der Unterricht in der Abschlussklasse musste aber wegen Lehrermangels in diesem Jahr ausfallen.

Reformpädagogik – ein Ausweg aus der wirtschaftlichen Krise?

Angesichts dieses Mangelzustands und der Kündigung des angemieteten Schulgebäudes entwickelte Schulleiter Koethke eine an der Reformpädagogik orientierte Idee: Er schlug die Einrichtung einer Freilichtschule vor. Im erwähnten Schulbericht heißt es dazu:

„Vorschläge der Unterzeichneten für die Umwandlung der „Deutschen Schule“ in Málaga in eine „Freilichtschule“ und für die Gründung eines Schülerheims. Freilichtschule – das heißt Unterricht im Freien. Im Freien wird nicht nur gespielt und geturnt, sondern aller Unterricht, der seiner Art nach es zulässt, wird unter freiem Himmel, unter grünen Bäumen, im offenen Zelt bei günstiger Witterung erteilt. Spielplätze bieten Gelegenheit zum Umhertummeln und Austoben, was für gesunde und kräftige Jugend Naturnotwendigkeit von jeher gewesen ist. Jugend wird als das erkannt und verstanden, was sie ist; nicht als klingendes, singendes Etwas, das uns gemahnt an die eigene Kindheit und ihre tausend wehmütigen Freuden und Leiden, sondern als das Hoffnungsfrohe, das neben uns in die Zukunft sieht und sich bereit macht für das tausendstimmige, bunte Leben.“

Soweit der Vorschlag Wilhelm Koethkes, der im Anschluss im Wesentlichen mit der „guten Witterung“ in Málaga begründet wurde.

Der Schulleiter fuhr fort mit der Feststellung, dass die „Leitformel für die gesamte Erziehung unserer Kinderwelt“ der Satz, darstelle: „mens sana in corpore sano“. Doch Koethke bemerkte, dass „die Erfüllung dieser Formel” im herkömmlichen Schulwesen kaum möglich sei:

„Wenn wir auch zugeben wollen, dass die Schule im großen Ganzen von den meisten ohne Schädigung der Gesundheit des frischen munteren jugendlichen Geistes überwunden wird, so ist es doch in der Tat bei sehr vielen Schülern – nur ein Überwinden.

Die Schulstube kann mit dem besten Willen keine wirkliche Stätte einer kraftvollen Pflege des Leibes und der Seele sein. Da die körperliche Pflege in der Ausbildung zu kurz kommt, so ist es auch um das Gleichgewicht der Seele schwach bestellt.
Der kleine Kopf ermüdet in der Klasse, er arbeitet mit Anstrengung weiter und quält sich über die letzten Stunden hinweg. Für viele sieht leider der Schulmorgen so aus. Und nun kommt der böse Nachmittag mit den z.T. schlecht verstandenen Hausaufgaben.

Wie anders ist es in freier Luft. Eine Ermüdung braucht überhaupt nicht einzusetzen, da man einen reichen Wechsel zwischen Arbeit und Spiel in der Hand hat und der kindliche Körper durch die dauernde Zufuhr frischer Luft widerstandsfähiger bleibt.“

Sicherlich würden auch heute viele Schülerinnen und Schüler diese Gedanken begrüßen!

Wichtig erschien in diesem Zusammenhang auch die Rückgewinnung der spanischen Schüler, die während des Krieges aufgrund der „Schwarzen Listen“ die Schule verlassen hatten.Ergänzend zur Einrichtung der Freilichtschule sollte ein Schülerheim eingerichtet werden.

Der Vorschlag von Direktorium und Schulvorstand ging zunächst an das Konsulat in Málaga. Konsul Frömke stand ihm nicht zuletzt auch aus finanziellen Erwägungen ablehnend gegenüber:

„Der in dem beiliegenden Bericht der Schule mit besonderer Liebe gepflegten Idee der Umformung in eine Freilichtschule, als Rettung aus den gegenwärtigen Finanznöten, vermag ich, da ich die Verhältnisse hier schon seit 30 Jahren von Grund auf kenne, nicht zuzustimmen, so sympathisch die Sache sich auch anhört. Schon im Jahre 1917 tauchte ein Schulverlegungsprojekt auf, von dem ich unter Darlegung von Gründen abraten musste. (…)
Inzwischen ist das erwähnte Terrain von der Junta del Puerto in Benutzung genommen worden, und hätte man seiner Zeit die Schule nach dem Paseo de Heredia verlegt, wäre das ganze Geld zum Fenster hinausgeworfen gewesen. Auch das gegenwärtige Projekt gibt zu Erwägungen Anlass.“

Im gedruckten Schulbericht heißt es:

„An nahezu 300 Tagen könnte man draußen unterrichten.“ Bisher wurde nur ca. 220 Tage unterrichtet (1919 nur 213 Tage), von diesen können dann bei der Freilichtschule ruhig noch alle Regentage abgezogen werden, denn bei Regenwetter, das sehr leicht in tropische Regengüsse ausartet, werden spanische Eltern ihre Kinder nicht in die Freilichtschule schicken, umso weniger, wenn diese nicht mit der elektrischen Bahn zu erreichen ist, wie es jetzt der Fall ist, sondern ein längerer Schulweg zu Fuß zurückgelegt werden muss. Auch während der Wintermonate erscheint der Aufenthalt im Freien durchaus nicht so unbedenklich. Erkrankungen der Atmungsorgane sind in den Monaten Dezember bis Februar hier besonders häufig.“5

Besonders die Feststellung des zuletzt zitierten Satzes gilt sicher heute auch noch, der Verfasser kann es aufgrund eigener Erfahrungen bestätigen.

Damit war das Projekt der Freilichtschule ad acta gelegt, zumal der Förderer der Schule, der Unternehmer Martin Weinstein, dem das für die Einrichtung des Projektes vorgesehene Grundstück gehörte, mit Schreiben vom 04. September 1920 an die Botschaft in Madrid den Plan ablehnte.

Er hatte das Grundstück während des Krieges erworben und dem Reich als „Heilstätte“ für Rekonvaleszenten zur Verfügung gestellt, hielt aber die Freilicht- oder „Waldschule“ wie er sie nannte, für „eine Lieblingsidee des Schuldirektors Koethke in Málaga“, die für ihn auf seinem Grundstück aber „nicht in Frage kommen könne“.

Er bot das Grundstück dennoch dem Reich an, da er selbst nach Lissabon umsiedeln wollte. Zu dem Ankauf des Grundstücks und der Freilichtschule kam es dann nicht mehr, die Schule blieb als herkömmliche Lehranstalt in der Calle Trinidad Grund, 7/II. Erst 1930 konnte das neue Schulgebäude, die Villa Lydia in der späteren Calle Goethe, gekauft und bezogen werden.

Inflationszeit – Mäzenatentum statt staatlicher Unterstützung

Nach der Ablehnung der Einrichtung einer Freilichtschule in Málaga gestaltete sich die wirtschaftliche Entwicklung sehr schwierig. Die galoppierende Inflation in Deutschland ließ die Zuschüsse der Reichsregierung zusammenschmelzen, die Defizite der Schule wurden zum großen Teil durch private Spenden und Kredite der Vorstandsmitglieder des Schulvereins „gedeckt“, auch verzichtete das Lehrerkollegium auf einen Teil seines Gehaltes. Erst nach Einführung der Rentenmark Ende 1923 besserte sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland, die sogenannten „Goldenen Zwanziger“ begannen, und das Reich war wieder in der Lage, nennenswerte Zuschüsse zu überweisen. Auch die von Außenminister Gustav Stresemann vertretene Politik setzte auf die Deutschen Auslandsschulen als wichtigen Teil der auswärtigen Kulturpolitik.

Die Deutsche Schule Málaga wurde für die hier wohnenden Deutschen zum Treffpunkt und einem Zentrum des kulturellen Lebens. Allein die auf Lehrerinitiative hin gegründete Lesehalle in den Räumen der Schule, in der Tageszeitungen und Illustrierte auslagen, ist eine bemerkenswerte Einrichtung.6

Erst der Beginn der Weltwirtschaftskrise Ende 1929 führte wieder zu empfindlichen Kürzungen im Etat.

„Villa Lydia“ – Limonar Alto

Trotzdem gelang es 1930, die als Schulgebäude dienende Mietwohnung im Zentrum Málagas zugunsten eines im Villenvorort Limonar gelegenen angekauften Hauses zu verlassen. Frau Maria Kusche, die Tochter des damaligen Schulvereinsvorsitzenden Ernst Kusche, stellte der Schule nun einige Dokumente aus dem Nachlass ihres Vaters zur Verfügung, die zeigen, wie schwierig sich damals Finanzierung und Kauf des neuen Gebäudes gestalteten.

Der Schulleiter und seine Familie, aber auch die Schulvorstände und Elternvertreter besuchten regelmäßig die in Málaga anlaufenden Kreuzfahrtschiffe und Handelsdampfer und versuchten, bei den deutschen Reisenden auf die Schule aufmerksam zu machen und für ihre Finanzierung zu sammeln.

Ein weiterer Teil der Finanzierung gelang über Benefizveranstaltungen wie Tombolas.

Der schließlich zum Ankauf fehlende Betrag von Pts. 30.000,00 wurde der Schule von Frau Elisabeth Kusche, der Ehefrau des Schulvereinsvorsitzenden, zur Verfügung gestellt. Vom Auswärtigen Amt wurden 20.000 Mark zur Verfügung gestellt. Wie das nachfolgende Schreiben zeigt, war für das neue Schulhaus zuerst die Villa Castell vorgesehen, doch aufgrund der Lage, der Größe des Grundstückes und des Gebäudes hatte sich die Schulgemeinde für die Villa Lydia entschieden.

Die Schule wuchs nun weiter und nahm mit 100 Schülern nach Barcelona und Madrid an Schülerzahlen den dritten Platz auf der Iberischen Halbinsel ein.

Der Werbeausschuss der Deutschen Schule ließ Werbeblätter unter der deutschen Bevölkerung Málagas kursieren, in denen für die Finanzierung des neuen Schulgebäudes geworben wurde.

Wie erfolgreich die geleistete Arbeit war, zeigt eine außergewöhnliche Ehrung:

1932 wurde die an der Schule vorbeiführende Straße in Calle Goethe umbenannt.

Politische Entwicklungen in Europa während der Zwischenkriegszeit

Das Ende des Ersten Weltkriegs hatte in ganz Europa zum Auseinanderbrechen der alten Mächte und zur Entwicklung von Nationalstaaten geführt:

Auf dem Balkan beerbten zum Teil sich recht unfreundlich gegenüberstehende Nationalitäten die ehemalige Donaumonarchie und das zerfallende Osmanische Reich.

In Italien führte die Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der Friedenskonferenzen zum Aufstieg Mussolinis und des italienischen Faschismus.

Der jungen Weimarer Republik gelang es nicht, demokratische Prinzipien ausreichend zu verankern, sie blieb, wie es ein Historiker formuliert, eine „Republik ohne Republikaner“. Das Zarenreich wurde durch die Oktoberrevolution beseitigt, und Russland entfernte sich damit aus einer gesamteuropäischen Politik zugunsten des Konzepts eines Exportes der Revolution in andere Länder.

Die USA, seit April 1917 Kriegsteilnehmer auf Seiten der Alliierten, zogen sich nach Kriegsende auf den amerikanischen Kontinent zurück und nahmen auch nicht am Völkerbund in Genf teil, dessen Gründung auf die Initiative von Präsident Wilson zurückging.

Spanien zwischen 1919 und 1936

Spanien, das wegen seiner Neutralität während des Ersten Weltkrieges einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt hatte, war Gründungsmitglied des Völkerbundes.

Doch auch hier im Südwesten Europas konnte sich aufgrund konstitutioneller und ökonomischer Schwächen keine stabile Demokratie entwickeln.

Zahlreiche Regierungen lösten in den Jahren 1917-1923 einander ab, ab 1923 regierte General Primo de Rivera zunächst mittels eines Militärdirektoriums und ab 1925 als Ministerpräsident einer Zivilregierung bis 1930. 1931 siegten die Republikaner und König Alfons XIII. verließ das Land. Spanien wurde Republik. Die folgenden Jahre blieben sehr unruhig: Die Polarisierung der spanischen Gesellschaft in radikale politische Flügel ließ keine ruhige Entwicklung zu. Dazu kamen große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Wahlsieg einer Volksfront aus Republikanern, Sozialisten, Kommunisten und Syndikalisten rief unter der bürgerlichen und konservativen Bevölkerung große Unruhe hervor, schließlich kam es zum Putsch der marokkanischen Spanienarmee unter General Franco und damit zum Bürgerkrieg.

Málaga im Bürgerkrieg

Besonders Málaga war schon zu Beginn betroffen. Frau Kusche berichtet, dass die Deutschen, aber natürlich auch die übrigen Ausländer in Málaga von plündernden Gruppen überfallen wurden, die Häuser und Fincas wurden besetzt, enteignet; die Ordnung brach praktisch zusammen. Die Deutschen verließen Málaga und warteten die Entwicklung ab. Das Schulgebäude und der Garten wurden besetzt und geplündert, die Akten der Schule gingen verloren.

„Hier war der Teufel los“, erzählt Frau Kusche im Gespräch über ihre Erinnerungen an die damalige Zeit. „Jeder, der irgendwann einmal eine Krawatte getragen hatte oder in einem normalen Haus wohnte, wurde umgebracht (…) von einem losgelassenen Mob, der völlig unabhängig von jeder politischen Führung agierte. Sie müssen sich vorstellen, hier war ein wahnsinniges Elend. Die Leute wurden schlecht bezahlt, hatten noch nicht einmal genug zu essen. Gerade hier in Málaga gab es gar keine ausbeuterische Klasse, weil nämlich die sogenannte Málaga-Gesellschaft, die Leute mit Namen und die Leute, die mal Geld gehabt hatten, alle verarmt waren. Sie haben bestimmt schon von der Reblaus gehört.

Málaga war ja berühmt und wohlhabend durch seinen Wein. Und da waren die großen Weingüter, deren Besitzer auch selbst mit dem Wein handelten. Da kam von einem Tag auf den anderen die Reblaus rein, gegen die kaum etwas getan werden konnte. Ganze Güter verarmten innerhalb weniger Monate.

Diese ehemals Reichen besaßen aber immer noch ihre Häuser, ihren ehemaligen Luxus, sie trugen auch ihren Kopf noch hoch, und das nahmen ihnen die anderen dann übel. Dann sind die halt in diese Häuser eingedrungen. Als wir zurückkamen von Deutschland, ich war noch ein Kind von etwa sieben oder acht Jahren, da gab es auf der gesamten Straße, die über die Plaza de Toros hinausführt, in der sogenannten Caleta, kein Haus mehr, das nicht bis auf den Grund ausgeplündert oder sogar ausgebrannt war.

Mein Vater hatte ein Haus hoch oben auf dem Berg, außerdem waren wir Ausländer und hatten eine große Rotkreuzfahne auf der Terrasse hängen, mit der Vorstellung, dass die Leute darauf Rücksicht nehmen würden. Eine deutsche Fahne hätte uns ja in diesem Moment nicht geholfen. In diesem Haus hatten während der Unruhen 28 Familien gewohnt. Im Moment, als die Francotruppen Málaga genommen hatten und in diesem Sinne keine Lebensgefahr mehr bestand für ihn, ist mein Vater mit dem Schiff nach Málaga zurückgekehrt, ging an den verbrannten Nachbarhäusern vorbei zu seinem eigenen Haus und hat dann seine gesamten Bücher, die alle schon auf einem riesigen Scheiterhaufen aufgerichtet lagen, gerade noch vor der Verbrennung gerettet.

Auch die Wertgegenstände waren requiriert worden. Das wurde nicht privat geklaut. Man konnte später eine Liste des beschlagnahmten Inventars einreichen, und soweit es ging, bekam man sein Eigentum zurück.

Nach dem Einzug Francos wurde es für die Deutschen wieder ruhiger, wenn auch nicht angenehmer im ideologischen Sinn.
Viele, die nun zwischen zwei Ideologien saßen, die sie beide nicht leiden konnten, zogen sich ins Privatleben zurück (…)
Mein Vater wurde dann gleich konfrontiert mit der anderen Seite. Er kam in Málaga an und sah, dass von den alten Familien viele reihenweise füsiliert worden waren.

Jetzt zogen die Francotruppen ein, und nun wurde halb Málaga inhaftiert, unter fürchterlichen Bedingungen, und jetzt wurden ja die Leute erschossen, die es zum Teil gar nicht gewesen waren. Andere flohen in die Berge. Und nun erinnere ich mich genau, kamen reihenweise jeden Tag Leute und baten meinen Vater: ‚Ay, Don Ernesto, Sie kennen uns doch schon so lange, mein Bräutigam sitzt im Gefängnis und hat doch gar nichts gemacht.‘ Mein Bruder und Vater verhandelten dann mit den Behörden, ließen ihre Beziehungen spielen und konnten so vielen Menschen helfen.“

Soweit der Auszug aus dem Gespräch mit Frau Kusche, in dem sie die Zeit des Bürgerkriegs besonders mit ihrer Auswirkung auf die deutsche Bevölkerung Málagas sehr anschaulich schildert.

Im Februar 1937 eroberten die Truppen Francos Málaga und obwohl die Front des erbittert geführten Bürgerkriegs über zwei Jahre hinweg nur etwa 100 km östlich von Málaga verlief, normalisierte sich das Leben schnell wieder, und auch der Unterricht in der Deutschen Schule wurde wieder aufgenommen.

Die Deutsche Schule nach der Ära Koethke

Nachdem seit Januar 1933 Hitler in Deutschland Reichskanzler geworden war und er und die NSDAP nun mit aller Gewalt die ihnen legal zugefallene Macht zu einer totalen Gleichschaltung aller politischen und gesellschaftlichen Organisationen benützt hatten, änderte sich auch die Zielsetzung der deutschen Auslandsschulen.

Im Bericht über das Schuljahr 1937/38 der Deutschen Schule Málaga heißt es:

„Das Ende des Schuljahres 1935/36 hatte für unsere Schule insofern eine gewisse Bedeutung, als uns nach 26jähriger Tätigkeit unser Schulleiter, Herr Wilhelm Koethke, verließ, um endgültig nach Deutschland zurückzukehren. Es ergab sich damit die Gelegenheit, durch Anstellung eines neuen, jüngeren, in nationalsozialistischen Ideen ausgebildeten Leiters dem Geist des neuen Deutschlands in unserer Schule Eingang zu verschaffen“.

Damit lag der neue Schulvorstand auf einer Linie mit den Forderungen an einen vom Deutschen Reich amtlich vermittelten Auslandslehrer:

„Für den Dienst an deutschen Auslandsschulen können vom Auswärtigen Amt nur solche Lehrkräfte vorgemerkt werden, die (…) nach ihrer Persönlichkeit und national-politischen Zuverlässigkeit für eine Verwendung im Ausland geeignet erscheinen.“

Der Dank aus Deutschland blieb nicht aus: Statt wie erwartet drei, entsandte das Auswärtige Amt nun fünf neue Lehrer, die Schülerzahl stieg von 100 vor dem Bürgerkrieg auf 143 im Schuljahr 1937.

Die Schule setzte neben dem normalen Unterricht, der mit dem Kindergarten begann und bis zur neunten Klasse führte, auch die Vorbereitungskurse für das spanische Bachillerato und die abendlichen Deutschkurse fort.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler wuchs in den nächsten Jahren ständig, 1938 wurden die Schulgebäude durch Anbauten erweitert, 187 Kinder besuchten nun Kindergarten und Schule.

Auch während des Zweiten Weltkrieges sanken diese Zahlen nicht wesentlich, im Schuljahr 1944/45 verzeichnete die Statistik im Bericht ans Auswärtige Amt in Berlin noch 153 Schüler.

Überhaupt verlief das Leben für die aus Deutschland abgeordneten Lehrerinnen und Lehrer im neutralen Spanien ruhig und ohne besondere Vorkommnisse.

Das mag zum Teil auch daran gelegen haben, dass es der deutschen Regierung darauf ankam zu zeigen, wie mühelos auch während des Krieges die Normalität des Lebens aufrechterhalten werden konnte.

„Für viele Spanier wirkt die Tatsache, dass die Deutsche Schule in friedensmäßiger Besetzung fortbestand, als ein Beweis der Stärke Deutschlands. Die weiterhin aufrechterhaltene Schule erschien manchem wie ein beruhigender Fels inmitten der Brandung der sich täglich widersprechenden politischen Meinungen.“

Trotz aller scheinbaren Normalität konnten die Kriegsereignisse natürlich nicht ganz unbemerkt bleiben:

„Soweit es in unseren Kräften stand, versuchten wir die Soldaten an der Front zu unterstützen.“

Es wurden Geld- und Büchersammlungen für Frontsoldaten durchgeführt, außerdem meldeten sich die Lehrer der Schule für den Arbeitseinsatz in kriegswichtigen Betrieben in Deutschland.

Schon seit 1940 war der Schultransport schwierig geworden. Die durch England ausgeübte Kontrolle über die Treibstoffeinfuhr nach Spanien hatte zu einer Rationierung der Benzinzuteilung an private Verbraucher geführt. Die Autobusgesellschaft, die bisher die Schüler in die Schule gebracht und auch abgeholt hatte, musste zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs diese Fahrten einstellen. Ein Versuch, mit der Straßenbahn die Schultransporte durchzuführen, schlug fehl. Es kam zu Verzögerungen, man fürchtete, dass viele Eltern ihre Kinder von der Schule abmelden würden. Im Schulbericht für 1943 wird dann berichtet, dass es gelungen sei, einen schuleigenen Autobus anzuschaffen,

„(…) der die Schüler fast bis vor das Schulgebäude bringt und sie mittags wieder abholt. Obgleich er mit Holzgas gespeist wird, wurden wir nur selten im Stich gelassen. Für die Eltern ist es eine große Beruhigung, dass die Schüler nicht mehr zu Fuß gehen müssen.“

Trotz allem bleiben die Hinweise auf den Krieg beinahe kursorisch und beiläufig. Der Bericht über die Jahre 1942/43 unterscheidet sich, abgesehen von diesen Randbemerkungen, kaum von einem Vorkriegsbericht.

Durch den Krieg bedingt waren zahlreiche Deutsche aus Málaga weggezogen, und so hatte die Zahl der spanischen Schüler gegenüber den deutschen sehr zugenommen. Von 162 Schülern insgesamt waren 43 sogenannte Reichsdeutsche, 118 besaßen die spanische Staatsangehörigkeit und neben ihnen besuchte ein Italiener die Schule.

Aufgrund des stetigen Wachstums der Schülerzahlen gab es bereits im Jahr 1941 Bestrebungen, das Schulgebäude sowie den Kindergarten weiter auszubauen. Anbei folgendes Schreiben zur Baubeihilfe an das Generalkonsulat Spanien.

Die Notwendigkeit des Ausbaus des Schulgebäudes und des Kindergartens zeigt das Schreiben des Schulleiters an den Schulvorstand.

Die Erweiterung der Schulgebäude wird darüber hinaus im Antrag auch mit der propagandistischen Wirkung begründet. „Bei der Durchführung des Plans würden wir bei weitem das beste Schulgebäude von ganz Málaga besitzen. Die propagandistische Wirkung wird groß sein. Sie muss es auch sein, denn die Konkurrenz einer Jesuitenschule mit anerkannter Tradition und zahlreicher Klosterschulen ist außerordentlich groß. Durch hervorstechende Bauten und eine schöne Gartenanlage können wir leicht die Aufmerksamkeit auf uns lenken.“

Anbei die Baupläne zu den geplanten Erweiterungen.

Der Baubeginn wurde auf den 10. Juli 1943 angesetzt, vom 17. September 1944 liegt ein Dokument zur Förderung eines weiteren Ausbaus des Schulgebäudes und Kindergartens vor, aus dem sich erschließen lässt, dass mit den Bauarbeiten entsprechend nach Planung begonnen wurde. Wie weit das Bauprojekt bis zu Kriegsende abgeschlossen war, wird leider aus den Akten nicht mehr ersichtlich. Mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 08. Mai 1945 endete auch die Geschichte der Deutschen Schule Málaga. 16 Lehrer unterrichteten bis zur Schließung der Schule durch die spanischen Behörden.
Die Schülerstatistik aus dem Schuljahr 1944/45 zeigt jedoch, dass bis zur Schulschließung die Schülerzahlen stetig stiegen.

Zum Teil konnten sie durch die von Frau Kusche zur Verfügung gestellten Unterlagen ergänzt und ersetzt werden.

Das letzte vorliegende schriftliche Dokument ist ein Brief des Schulvereinsvorsitzenden, Herr Carlos Schroeder Mercken, vom 22. April 1945 an den Kassenwart der Deutschen Schule. Dieser war seit 1940 der Konsul Emil Küstner. In seinem Schreiben gibt der Vorsitzende einen kurzen Rechenschaftsbericht und legt sein Amt nieder, in der Hoffnung, dass „es gelingt, recht bald einen neuen Mitarbeiter für den Schulvorstand zu gewinnen.“ Der zurückgetretene Vorsitzende gibt keine weiteren Hinweise auf den Grund seines Rücktritts, im Übrigen ist der Brief ein völlig geschäftsmäßig und normal wirkender Rechenschaftsbericht, in dem Fragen nach dem Autobusverkehr und noch ausstehenden Schulgeldzahlungen geklärt werden.

Die spanische Regierung, obwohl durch ihre eigene Geschichte zunächst eng mit der NS-Regierung verbunden, war schon 1944 dem Abkommen von Bretton Woods (Internationaler Währungsfond) beigetreten. Ab 1945 verpflichtete sich die Regierung in diesem Zusammenhang, deutsche Vermögenswerte zu erfassen und zu blockieren.

So wurden alle deutschen Schulen in Spanien geschlossen, die Gebäude und Vermögenswerte beschlagnahmt.

Diesem Schicksal entging auch die Villa Lydia nicht. Das beschlagnahmte Schulgebäude wurde später verkauft und existiert heute nicht mehr.

Erst einundzwanzig Jahre später entstand unter veränderten Bedingungen die neue „Deutsche Schule Málaga“ nun nicht mehr in der Provinzhauptstadt selbst, sondern oben auf dem Berg bei Ojén, nahe Marbella. Der Grund dafür liegt darin, dass sich unterdessen viele Deutsche an der Küste zwischen Málaga und San Pedro niedergelassen hatten. Eine deutsche Kolonie in Málaga gab es hingegen nicht mehr, so wie vor dem Krieg. In den Beiträgen von Herrn Generalkonsul Hoffmann und Dr. Zurawka wird die Geschichte der „neuen“ Deutschen Schule nach 1966 ausführlich geschildert.